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Krebs-Initiative All.Can entwickelt Tools für weitere Optimierung

Ärzt•innen bei einer Besprechung. (c) AdobeStock

Effizienz ist einer der Schlüsselfaktoren für die wirkungsvolle Versorgung von Krebspatient•innen. Im Rahmen der internationalen Krebs-Initiative All.Can setzen sich Stakeholder des Gesundheitssektors und darüber hinaus für genau diese Effizienz ein, um die Situation der Patient•innen weltweit konkret zu verbessern.

Nun tritt All.Can auch in Österreich an die Öffentlichkeit und präsentiert als ersten Schritt eine Studie zur Wirksamkeit und Optimierung von sogenannten Tumorboards*. Diese wissenschaftliche Studie wurde von Expert•innen des Karl Landsteiner Instituts für Krankenhausorganisation erarbeitet und nun öffentlich vorgestellt. Das Hauptergebnis: Tumorboards sind wesentliche Faktoren in der Krebsversorgung, können aber durch systematische Selbstbewertung noch deutlich effektiver arbeiten. Dafür hat All.Can ein Selbstbewertungs-Tool entwickelt, das derzeit in einer Pilotphase erprobt wird.


Lebensrealität der Patient•innen im Zentrum der Tumorboards

Das erste öffentliche Auftreten von All.Can in Österreich fällt mit einer neuen Aufmerksamkeit für Krebsversorgung zusammen: Nachdem die Covid-Pandemie lange die Gesundheits-Berichte dominiert hat, kehrt auch die Situation von Krebspatient•innen wieder ins Rampenlicht zurück.

Prof. Dr. Gabriela Kornek, Ärztliche Direktorin des AKH Wien und Obfrau der Initiative „Leben mit Krebs“, erklärt dazu: „Die Pandemie und Krebserkrankungen hängen sachlich zusammen, da das Vorliegen der einen Erkrankung sich zwangsläufig auf den Verlauf, die Prognose und den Therapieverlauf der anderen auswirkt – und umgekehrt. Es geht also um ein Vorgehen, bei dem immer das Wohl der Patientinnen und Patienten im Mittelpunkt steht. Tumorboards kommt dabei eine ganz zentrale Funktion zu.“

Auf eine umfassende Beachtung der Patient•innenperspektive drängt auch Helga Thurnher, Obfrau der „Selbsthilfe Darmkrebs“ sowie der „Allianz onkologischer Patient•innenorganisationen“: „Eine tiefgehende Kenntnis der Lebensrealitäten der Patientinnen und Patienten ist die Voraussetzung für das Erzielen tatsächlicher Verbesserungen. Die Bedürfnisse und der Beitrag der Patient•innen müssen systematisch beachtet und in die Behandlungsplanung einbezogen werden. Das gilt selbstverständlich auch für die Arbeit in den Tumorboards.“

Eine Krebszelle unter dem Elektromikroskop.
(c) AdobeStock
Tumorzellen unter dem Elekronenmikroskop.

Studie: Jährlich tausende Fallbesprechungen an der MedUni Wien und am AKH Wien

Autor der All.Can-Studie zum Thema Tumorboards ist Prof. Dr. Guido Offermanns von der Universität Klagenfurt sowie dem Karl Landsteiner Institut für Krankenhausorganisation. Auf Basis eines wissenschaftlichen Konzepts wurde zunächst die bestehende Literatur zum Thema Tumorboards ausgewertet. Mit dieser Grundlage konnte dann die Studie in den Tumorboards an der MedUni Wien und am AKH Wien im Comprehensive Cancer Center – CCC durchgeführt werden. Es handelt sich dabei um die erste jemals in Österreich durchgeführte Untersuchung zu diesem wichtigen Thema.

Im CCC werden jährlich in ca. 900 Sitzungen 6.500 Patient•innen in 11.000 Gesamtvorstellungen besprochen. Mit 30 Mitgliedern der Tumorboards im CCC am AKH Wien wurden 60-minütige Interviews zu ihrer Arbeit und den Abläufen in den Boards geführt. Interviewpartner•innen waren Tumorboard-Assistent•innen, Tumorboard-Manager•innen und Tumorboard-Teilnehmer•innen aus unterschiedlichen Disziplinen [Radiologie, Pathologie, Organfach bzw. Chirurgie, Onkologie, Strahlentherapie, Klinische Psychologie und Pflege]. Finanziert wurde die Studie durch Bristol Myers Squibb und Merck Sharp & Dohme.

Studienautor Prof. Dr. Guido Offermanns zu den Ergebnissen dieser qualitativen Befragungen: „Quer durch die ganze Vielfalt der Befragten wurde als gemeinsamer Nenner das hohe Verantwortungsbewusstsein deutlich. Das Wohl der Patient•innen hat den obersten Stellenwert, wobei es je nach Situation um Themen wie Lebensqualität, Komplikationen oder Überlebensrate geht. Sichtbar wurde allerdings auch, wie herausfordernd im Alltag der Spagat zwischen dem Denkbaren und dem aufgrund der Ressourcen tatsächlich Machbaren sein kann.“

360° Betrachtung jedes einzelnen Falles

Dieser Befund wird untermauert durch Aussagen der Befragten, etwa:

„Man versucht jeden Fall von allen Seiten zu beleuchten, man schaut sich die Bilder an, ganz pragmatisch, ja das ist sinnvoll oder das nicht, und dann wird im Team empfohlen.“

„In 95 Prozent der Fälle gibt es einen Konsens. Es gab schon Fälle, wo es unterschiedliche Meinungen gab, dann haben wir das so dokumentiert. Diese Alternativen werden dann mit der Patientin/ dem Patienten besprochen und gemeinsam eine Entscheidung getroffen.“

„Bei der Tumorboard-Empfehlung wird der Patient•innenwunsch berücksichtigt und nach dem Board gemeinsam besprochen sowie Vor- und Nachteile der Therapien.“

„Wir sind ein Team und aus diesem Teamwork entsteht die bestmögliche Therapie und die effizienteste Therapie für die Patienten. Das sind ja maßgeschneiderte Therapien zum Teil. Aber das ist glaube ich das Wichtigste für ein Tumorboard. Das ist natürlich auch ein Kennzeichen für einen gewissen Level der Gesundheitskultur. Weil wenn natürlich gewisse Ressourcen gar nicht vorhanden sind, dann kann ich auch zum Beispiel nicht individuell entscheiden, weil ich gar nicht die Möglichkeiten habe.“

Anleitung für fünf Handlungsfelder

Die Studie leitet aus den Befragungen fünf konkrete Handlungsfelder für die Evaluierung und weitere Optimierung von Tumorboards und ihrer Arbeit ab:

Instrument für die Selbstbewertung und weitere Verbesserung im Tumorboard

Damit Tumorboards ihre Arbeit auf allen fünf Handlungsfeldern prüfen und verbessern können, hat All.Can ein Selbstbewertungs-Tool entwickelt. Derzeit läuft eine Pilotierungsphase dieses Tools am AKH Wien an. Es bietet vier Schritte an, die im Sinne kontinuierlicher Verbesserung immer wieder durchlaufen werden können:

Ärzt•innen bei einer Besprechung, Stichwort Krebs-Initiative All.Can.
(c) AdobeStock
Tumorboards betrachten jeden einzelnen Fall von allen Seiten, um individuell die best mögliche Therapie für die Patientinnen und Patienten zu wählen.

Krebs-Initiative All.Can 2022 mit mehreren Projekten in Österreich aktiv

Cornelia Moser, Governmental Affairs & Policy Manager bei Bristol Myers Squibb und Vertreterin der Finanzierungspartner von All.Can Österreich, erklärt dazu: „Mit dieser Studie und dem Selbstbewertungs-Tool bietet All.Can den Tumorboards ein wissenschaftlich abgesichertes Instrument, um ihre wertvolle Arbeit systematisch weiterzuentwickeln – im Interesse der Patient•innen und ihrer Lebensqualität. Ich freue mich, dass All.Can in Österreich mit einem so praxisrelevanten und nutzenstiftenden Projekt erstmals vor den Vorhang tritt und damit den Startschuss für einen nachhaltigen Beitrag zu unserem Gesundheitssystem liefern kann.“

Weitere Projekte, an denen All.Can in Österreich bereits arbeitet, sind etwa eine Befragung unter Krebspatient•innen und die Durchführung eines Open Space zur Lage der Krebsversorgung in Österreich. Weitere Maßnahmen und öffentliche Auftritte im Jahr 2022 werden anhand der Ergebnisse dieser beiden Projekte bearbeitet.

*Tumorboards

Unter Tumorboards werden wöchentliche fächerübergreifende Fallkonferenzen mit Vertreter•innen der Kerndisziplinen verstanden, in denen Patient•innen mit Tumorerkrankungen besprochen und Behandlungsempfehlungen entlang der gesamten klinischen Patient Journey abgegeben werden – von der Erstdiagnose bis zur Verlaufskontrolle. Im Fokus der Empfehlungen steht die Einbeziehung der Patient•innenperspektive. Die Abläufe und Optimierungsmöglichkeiten für diese Tumorboards waren Gegenstand der wissenschaftlichen Erhebung von All.Can, deren Ergebnisse nun präsentiert wurden.

Weitere Informationen zu dieser Initiative finden sie unter www.all-can.at

(Bilder: AdobeStock)

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