Starkes Übergewicht führt in den meisten Fällen zu Folgeerkrankungen wie Diabetes-mellitus, Herz-Kreislauferkrankungen und Krebs. Eine Prävention zur Gewichtszunahme ist aus diesem Grund die beste Möglichkeit, um Übergewicht und weitere Folgeerkrankungen zu vermeiden. Eine Schlüsselrolle dabei spielen braune Fettzellen.
Wissenschafterinnen und Wissenschafter von der MedUni Wien, vom Max-Planck-Institut für Stoffwechselforschung in Köln und der Syddansk Universität in Odense, Dänemark, forschen daher aktuell an der Funktion und Regulation brauner Fettzellen. Diese verbrennen sehr viel Kalorien und kommen somit als körpereigene Zellen bestens für Therapiemöglichkeiten zur Gewichtsreduktion in Frage. Das Ergebnis: Die Aktivierung brauner Fettzellen und darin enthaltener, spezieller Gene könnte beim Abnehmen helfen.
Weiße und braune Fettzellen
Bei Menschen und Säugetieren unterscheidet man generell zwischen zumindest zwei verschiedenen Fettdepottypen, dem weißen und dem braunen Fettgewebe. Weißes Fettgewebe kommt im menschlichen Körper viel häufiger vor, speichert Fett, und befindet sich vorzugsweise in den allgemein bekannten „Polstern“ an Bauch, Gesäß und an den Oberschenkeln. Bei erhöhtem Energiebedarf kann der Körper auf diese Depots zurückgreifen. Braunes Fett hingegen verbrennt Energie unter Freisetzung von Wärme, weswegen zum Beispiel Babys folglich viel davon haben. Nach dem Neugeborenenalter sowie bei Übergewicht nimmt die Anzahl dieser Zellen allerdings stetig ab.
„Das braune Fettgewebe wurde als Möglichkeit identifiziert, um beim Abnehmen zu helfen, weil es große Mengen an Kalorien verbrennen kann,“ erklärt Elena Schmidt, die als Doktorandin in der Forschungsgruppe von Jan-Wilhelm Kornfeld in Köln arbeitet. Alleine 40-50 Gramm braune Fettzellen könnten 20 Prozent mehr Kalorien verbrennen.
Eine neue Entdeckung
Die beiden Forscher-Teams unter der Leitung von Martin Bilban vom Klinischen Institut für Labormedizin und Kornfeld in Köln haben sich aus diesem Grund auf einen bislang wenig erforschten Aspekt in braunen Fettzellen konzentriert. Sogenannte lange, nicht-kodierende RNAs (LncRNAs), wurden erst kürzlich entdeckt und agieren in den Zellen sehr gewebespezifisch, wodurch sie ein großes Potenzial als Kandidaten für Therapieansätze haben.
Sie fanden eine LncRNAs, H19, die eine wichtige Rolle bei der Ausbildung und Funktion der braunen Fettzellen übernimmt. Die WissenschafterInnen konnten im Mausmodell zeigen, dass eine hohe Aktivität von H19 die Tiere vor der Entwicklung von Übergewicht schützte. „Wir waren überrascht zu sehen, dass die Tiere mit hoher H19-Aktivität selbst mit einer fettreichen Ernährung kaum stärker zunahmen als ihre gesunden Artgenossen,“ berichtet Bilban.
Gene vom Vater oder von der Mutter
Darüber hinaus entdeckten die ForscherInnen noch eine weitere Besonderheit. H19 kontrolliert eine sehr seltene Klasse von Genen, die im Gegensatz zu den meisten Genen im Menschen und der Maus nur von einem Elternteil (das heißt, entweder der Mutter oder dem Vater) vererbt werden. „Ein Resultat unserer Forschung war, dass wir beobachten konnten, dass väterliche Gene eher zu Fettleibigkeit führen, während ihre mütterlichen Gegenspieler dafür sorgen, dass die Nachkommen schlank bleiben“ erklären die Forscherinnen und Forscher, und Kornfeld fügt hinzu „Wir glauben hier einem grundsätzlichen Mechanismus auf der Spur zu sein, bei dem Gene des Vaters und der Mutter eine Art Tauziehen im Erbgut der Nachkommen austragen. Unsere Arbeit fängt hier jetzt erst an“.
Service: Nature Communications
„LincRNA H19 protects from dietary obesity by constraining expression of monoallelic genes in brown fat.“ Elena Schmidt, Ines Dhaouadi, Isabella Gaziano, Matteo Oliverio, Paul Klemm, Motoharu Awazawa, Gerfried Mitterer, Eduardo Fernandez-Rebollo,Marta Pradas-Juni, Wolfgang Wagner, Philip Hammerschmidt, Rute Loureiro, Christoph Kiefer, Nils R. Hansmeier, Sajjad Khani, Matteo Bergami, Markus Heine, Evgenia Ntini, Peter Frommolt, Peter Zentis, Ulf Andersson Ørom, Jörg Heeren, Matthias Blüher, Martin Bilban*#, Jan-Wilhelm Kornfeld*# (*Diese Autorinnen und Autoren haben die Studie gemeinsam geleitet; #Korrespondenz).
Nature Communications 2018 Sept6th, DOI: 10.1038/s41467-018-05933-8.
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